Festival delle Sagre /Asti – Piemont auf dem Teller

Im September verwandelt sich Astis Campo in das größte Restaurant Italiens und verführt mit 80 Gerichten, Rotwein und Festivalatmosphäre

Festivalgeschichte und Bauernspektakel

Seit 43 Jahren feiert Asti jeden Herbst bäuerliches Leben und traditionelles Essen mit einem Freilichtmuseums-Spektakel und einem ebenso spektakulären Freilicht-Restaurant. Am zweiten Septemberwochenende lassen authentisch gekleidete Darsteller das Bauernleben des 19. Jahrhunderts, mit seiner harten Arbeit, den Gebräuchen und der Esskultur wieder auferstehen. Die Altstadt verwandelt sich in ein riesiges Museum: Da werden publikumswirksam Tiere geschoren, beschlagen, da wird gesenst und gemäht, die Ernte eingefahren, Wein gestampft, Taufen und Hochzeiten werden gefeiert, Speisen zubereitet, es wird gestritten, gekämpft und geliebt. Höhepunkt ist der wimmelbunte Umzug der Bauern und Gäste durch Astis Gassen bis zum zentralen Campo di Pallio, wo Sonntagmittag das Freiluft-Restaurant wieder eröffnet wird.

Das größte Restaurant Italiens

Wir Kultur-Banausen haben das Bauernspektakel Bauernspektakel sein lassen und haben uns Sonntags vom Vortag erholt. Denn das Fressfest Festival delle Sagre auf dem Campo di Pallio – von den Einheimischen stolz als größtes Restaurant Italiens bezeichnet – wird bereits Samstagabends um 18 Uhr 30 eröffnet. Eine Uhrzeit zu der kein Italiener isst. Aber wir waren schon startbereit zur Stelle.

Es empfiehlt sich den Campo mit größtmöglichem Hunger zu betreten – ein schweres Unterfangen, falls man schon vorher in der Region weilt. Daher ist es wohl auch keine schlechte Idee, den Herbsturlaub im Piemont mit diesem Festival zu beginnen. Denn auf den leeren Magen warten 40 rustikal hergerichteten Essenshütten, in denen die Dörfer der Provinz Asti rund 80 (achtzig !!!!) typische und traditionelle Gerichte aus der besten Küche der Welt anbieten.

Qualität statt ChiChi

Jeder der 40 Stände verkauft ein Primo/Secondo und ein Dolce. Und da es um gutes Essen und nicht um Schnickschnack und Chichi geht, werden die Speisen in Plastiktellern TO GO verkauft. Gegessen wird auf Biergarnituren, an Stehtischen oder einfach auf einer mitgebrachten Decke. Die Köstlichkeiten kosten zwischen einem und sieben Euro und zu jedem randvollen Plastikteller gibt es einen guten Schuss Wein ins Festivalglas, welches man praktischerweise in einem Trinkertütchen um den Hals baumeln lässt.

Wem das zu unfein ist, der kann gerne sein eigenes Besteck, seine eigene Biergarnitur samt Tischdecke und sogar seine eigenen Weingläser mitbringen. Jeder wie er will, es geht um das Essen und Platz ist genug – trotz der rund 300. 000 Gäste, die das Festival jedes Jahr anzieht.

 

Das vollste Restaurant Italiens

Die Einheimischen sprechen gerne von dem größten Restaurant Italiens. Und es ist auch das gemütlichste Restaurant Italiens – wahrscheinlich aber auch das vollste. Und das einzige mit einem Stadtplan. Denn zwischen den 40 Essensständen, welche die 40 regionale Dörfer repräsentieren, zwischen Riesenrad, Eis-Mofa, unzähligen Stehtischgruppen, Sitzbänken und Wasserquellen kann man sich leicht verlaufen.

Wer vorbereitet ist, isst mehr

Besonders mutige und hungrige Gäste stürzen sich mitten ins Getümmel und ziehen mal dahin, mal dorthin um mal dies und mal das zu ergattern. Erfahrene Festivalbesucher suchen sich einen strategisch kleveres Hauptquartier (zum Beispiel einen der vielen Stehtische in der Mitte des Platzes) und schicken von dort aus ihre Späher los, um den Rest mit Essen zu versorgen.

Ganz schlaue Füchse sind bereits zur Eröffnung um 18 Uhr 30 da und kaufen schnell die Essensmarken – denn später ist der Ansturm oft so groß, dass man 30 Minuten vor dem Lieblingsessen (sagen wir mal vor dem großen Fritto misto, oder den Gnocchi mit Hasenragu, oder dem Vitallo tonnato) warten muss. Das kann man sich mit etwas teutonischer Planung ersparen.

Festivalfeeling

Wer keinen Platz mehr an den vollen Bänken und den Stehtischen findet, kann auch einfach eine Decke auf dem Boden ausbreiten und von hier aus kulinarische Exkursionen starten und beaufsichtigen. Auch Klappstühle und Klapptische sind vor allem unter Großfamilien beliebt, die sich einfach ein lauschiges Plätzen mitten im Getummel suchen. Dabei ist die Nähe zu einem der Wasserspender und auch zu den Mülltonnen strategisch sinnvoll. Die Atmosphäre des Festivals ist wunderbar: Alle sind hier zum Schmausen und zum gepflegten Trinken. An alles ist gedacht: für behinderte Food-Liebhaber gibt es weiträumige Essensbereiche mit Bedienung. Auch Kinder sind hier gerne gesehen und unter jedem zweiten Tisch parkt ein Buggy. Niemand muss auf DAS Ess-Spektakel Italiens verzichten.

Pizzawürstels Sagra & Foodporn

Wir waren vom Festival delle Sagre, wie beim letzten Mal auch, schlichtweg begeistert.

Aber auch mal wieder überfordert vom riesigen Angebot! Nächstes Jahr wird das alles besser geplant. Ich werde mir generalstabmäßig vorher den Dorfplan von der Festival-Homepage (im roten Reiter ganz rechts) runterladen, nächtelang über die perfekten Menü-Abfolge streiten, den effizientesten Beschaffungsplan austüfteln und mit einer Schar von Gaumenfreude-Freunden eine 1-A-Exkursion planen.

Hier eine kleine Auswahl der piemontesischen Schätze, die wir dieses Jahr (planlos) verspachtelt haben – und JA, das haben wir alles zu Zweit gegessen.

 

 

Und Dolci gab es auch noch dazu. Da war ich aber zu vollgefressen um Fotos zu machen. Typische piemontesische Desserts findet ihr aber auch hier: Bunet und gefüllte Pfirsiche. Beide sehr amerettini-lastig und unglaublich lecker. Und wem das immer noch nicht genug ist, der schlendert zum Eis-Mofa.