KURIOSES, PIZZAWÜRSTELS PRIVAT

Die perfekte Pizza – Meine Leidensgeschichte

25. December 2016
Selbst gestalteter Pizzakarton mit klassischem Pizzabäckermotiv Pizzaiolo vor Steinofen mit Pizzaschaufel

Die perfekte Pizza ist eine Wissenschaft für sich. In Italien ist der Pizzabäcker ein hochgeschätzter Handwerker, nein, ein Künstler! Pizzateig-Rezepte werden im Belpaese gehandelt wie Schatzkarten zum Bernsteinzimmer. Auch Carlo gehört dem Pizzabäcker-Kult an und experimentiert seit Jahren zuhause mit Teigen, Belagen & Tools. Und wir sind die Versuchskaninchen.

Eigentlich war dieser Text als Einteiler geplant, mit Rezept und TEIG-RECHNER. Jedoch wollte Carlo unbedingt seinen Senf dazugeben  seine Pizza-Weisheit teilen. Carlos Einsichten zu Teigstrukturen und Billigmehl, eine ausführliche Anleitung zum perfekten Pizzateig und den TEIG-RECHNER (!!!) gibt es hier: “Die perfekte Pizza – Pizzabäcker-Weisheiten”. “Pizzawürstels Top 5 Pizza” inspiriert mit außergewöhnlichen Pizzabelagen und hilft mit Tipps&Tricks. Für diejenigen, die nur Pizza essen, aber nix darüber lernen möchten (Blasphemie!!!) gibt es die kurze Übersicht “In 5 Schritten zur perfekten Pizza” (coming soon). Und alle jene, die meine Sichtweise interessiert, können im fogenden Text meine Leiden als Frau eines Pizza-Verrückten nachlesen…

Am Anfang war die Focaccia

Herr Pizzawürstel und Sohn Primo beim Kneten eines Teiglings für Pizza

Früh übt sich: Carlo und Primo beim Teiglingkneten.

Die Suche nach dem perfekten Pizzateig begann mit einer Focaccia.

Das über eine Million Mal angeklickte focaccia genovese-Videorezept auf dem VivaLaFocaccia-Blog hat auch Carlo inspiriert. Nach den ersten erfolgreichen Versuchen hat er Blut beziehungsweise Öl geleckt und ließ keine Gelegenheit aus (Picknicke, Geburtstage, Kita-Abschiedsfest…) seine Focaccia-Künste vorzuführen.

Doch die trockene Focaccia war Carlo bald nicht mehr genug. Nachdem er nun schon spezielle Mehle und auch Bleche besorgt hatte, konnten diese genauso gut für Pizza herhalten. Und Carlos langer Weg zum Hobby-Pizzaiolo (Pizzabäcker) begann.

Pizza-Pazzi unter sich

Die besten Pizzateig-Rezepte finden sich im Internet. In einschlägigen Foren obsessiver Hobby-Pizzabäcker tauschen sich erwachsene Männer tage- und nächtelang über Pizzarezepte aus. Die richtigen Anteile verschiedener Mehlsorten, Klebrigkeiten, Teigfluffigkeit und Luftlochgrößen, Hefearten und Ölmischungen werden heiß diskutiert. Carlo loggte sich begeistert in diese Welt der Pizza-Verrückten von mir Pizzapazzi (pazzi = verrückt) genannt ein und schon bald war klar: Wir brauchen einen Pizzaofen. Unbedingt.

Der Ferrari unter den Pizzaöfen

roter Ferrari Pizza Ofen mit Alufolie getuned

Von Null auf Pizza in drei Minuten!

Da jeder Quadratzentimeter unserer Küche bereits von italienischen Küchenhelfern belegt ist, ging meine Begeisterung gegen Null. Doch ich hatte keine Wahl und schon bald gesellte sich ein kleiner roter Tisch-Pizzaofen zur Küchengeräte-Sammlung: der “G3 Ferrari Pizzamaker”. Ja, der heißt tatsächlich so und hat Einiges unter der schmucken roten Haube. Oder wie Carlo sagt:

“Von Null auf Pizza in 180 Sekunden!”

Der integrierte Pizzastein erhitzt innerhalb von wenigen Minuten auf über 350 Grad Celsius. Mit in den Pizza-Pazzi-Foren empfohlenen Modifikationen wie ausgetauschte Schrauben (!!!) und Alufolienhütchen (auf dem Pizzaofen, nicht auf dem Pizzabäcker – obwohl… hätte sich dadurch die Pizzaperformance verbessert, Carlo hätte sich auch ein Aluhütchen aufgesetzt)  wird das Öfchen sogar noch heißer und die Pizza dementsprechend noch besser.

Zweigleisig fahren

Luftige Pizza und Pizzaschneider vor Kleinkind

Primo testet die wohl hundertste Pizza.

Carlo, gelernter Biochemiker, forschte an zwei Fronten: Pizzateig für den G3 Ferrari Pizzamaker und Pizzateig für den stinknormalen Ofen, der mit “nur” 250 Grad Maximalleistung zwar eine gute dicke Pizza hinkriegt, aber in der Königsdisziplin Neapolitanische Pizza (dünne Pizza) versagt. Die Forschungsergebnisse hielt er in einem Excel-Dokument fest, das über unserem Küchentisch hing und ständig verbessert wurde.

Wie bei genialen Forschern üblich, wird die Familie für die Wissenschaft geopfert: Es gab ständig Pizza. Und wie es bei genialen Forschern üblich, wird das Genie von der Familie nicht ausreichend gewürdigt: Primo schrie immer nur nach mehr Käse und auch mein “joah, lecker” sah Carlos als infame Geringschätzung seiner Genialität. Er sehnte sich nach dem Geräusch fremden Speichels, der auf krosse Pizzaränder tropfte…

Also wurden Gäste eingeladen, die in einem komplizierten Bewertungssystems die beste Pizza auf den eigens dafür entworfenen Menükarten küren mussten durften. Wir luden zum Pizza-Lunch: die Schwiegereltern, die Nachbarn, die Kollegen, die Kleinkind-Krabbelgruppe-Freundinnen… und alle waren begeistert.

Evolution des Pizzaofens

Doch Carlo strebte nach Perfektion. Und die ist nirgendwo anders zu finden als im glutheißen Inneren eines steinernen holzbetriebenen Pizzaofens. Also wurde der Ferrari im Schrank geparkt und ein für unseren kleinen Balkon viel zu großer Pizza-Ofen mit dem recht vulgären Namen PizzaParty” zog ein.

Pizza Party Pizza Ofen Steinofen-Pizza vom Balkon

Die große Liebe von Herrn Pizzawürstel: Der PizzaParty Pizza-Ofen

Und mit der PizzaParty kam jede Menge Spielzeug: ein selbstgebauter fahrbarer Untersatz für die Party, langstielige Pizzaschaufeln, im Baumarkt zurechtgesägte Holzbretter (eines zum Teigkneten und eine zum Servieren), extra lange Teigrollen, eigengefertigte hölzerne Pizzaschaufeln und drei lange Plastikwannen zum Aufbewahren der Teiglinge.

Im Keller stapelten sich diverse Mehlsäcke verschiedener Sorten, die aus Italien importiert worden sind und Unmengen an Tomatenkonserven. Wir klapperten Holzhändler ab, um das beste Pizzaofen-Holz zu erwerben.

 

Jedes Wochenenden war der Pizza gewidmet, das heißt:

die Küche: voll mehlig,

der Kühlschrank: voller Teiglinge,

mein Magen: voller Pizza,

und meine Nerven: voll blank.

Pizza fast so gut wie in Napoli

Nun, nach zwei Jahren Pizzaofen-Erfahrung und diversen Pizza-Verkostungen muss ich sagen: Ja, es hat sich gelohnt. Carlos Pizza ist göttlich. Doch ein Lob aus meinem (deutschen) Gaumen zählt nicht. Und so stellte sich Carlo dem ultimativen Test: den Neapolitanern. Unsere neapolitanischen Freunde durften endlich das Ergebnis jahrelangen Experimentierens kosten und verkündeten schmatzend:

“Die beste Pizza, die ich jemals in Deutschland gegessen habe.”

und

“Sogar besser als manche Pizza daheim in Napoli!”

Da habe ich meinen Mann, der die Geburten seiner Söhne trockenen Auges überstanden hat, zum ersten Mal mit den Tränen kämpfen sehen.

Nunja, es sei ihm verziehen.

Liebe geht halt durch den Magen. ♥

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2 Comments

  • Reply Bianka 9. January 2021 at 23:41

    Bin gerade über euren Blog gestolpert (suche für unsere neue Küche einen Scolapiatti…) und musste seeeehr lachen!
    Ich erkenne gewisse Parallelen zu meinem Mann.
    … Der G.Ferrari war auch das erste Pizzaöfchen bei uns und nun ist bei uns ein Outdoor Pizzaofen eingezogen. Mit Temperatur Messgerät, diversen Schäufelchen, 25kg Mehlsäcken etc. Herrlich!!!!
    Müssen italienische Männer abseits ihres Heimatlandes so werden?!

    • Reply Herr Pizzawuerstel 10. January 2021 at 18:10

      Hallo Bianka! Haha! Hoffentlich findest du ein schönes Scolapiatti, wir haben unseres von IKEA immer noch und es ist sogar mit ins Haus umgezogen. Ich verstehe dich sehr gut! Unser Keller ist voller Mehlsäcke, DeCeccoPasta, MuttiDosen aus dem Fabrikverkauf etc…Schon witzig diese Eskalationsneigung der Exilitaliener ☺. Es scheint auch ansteckend zu sein: Einige unserer deutschen Freunde haben jetzt auch eine affetatrice oder haben sie auf dem Wunschzettel. Ich bin gespannt, was bei uns als nächstes ins Haus steht… eine Ape vielleicht!?! Viele liebe Grüße, Frau Pizzawürstel

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