“Rezepte-die-Exilitalienern-Heimwehtränen-in-die-Augen-treiben”. Das wäre der passende Titel für die fünf kleinen Büchlein, die in jeweils >60 Rezepten die klassische Küche Siziliens, der Toskana, des Piemonts, Roms und Venedigs vorstellen.
Sizilien: Mafiosi & Köche
Vor zehn Jahren brachte der Kaleidoskop-Verlag das kleine aber hochfeine “Sizilien Kochbuch” auf den Markt. Damit wurde ein bereits 1999 unter dem Namen “Kulinarische Landschaften – Sizilien” im Christian-Verlag erschienenes Buch aufgepeppt: Bewacht von einer Wand aus Mafiosi und Köchen auf dem blutroten (oder doch eher tomatensoßenroten?) Pappcover, stellen die Autoren “Herzstücke der sizilianischen Küche” vor.
Das Sizilien Kochbuch in neuem blutroten Gewand. Oder doch eher tomatensoßenrot?
Hinter der Kochbuchphrase “Herzstücke der sizilianischen Küche” verbirgt sich ein wahrer Rezepteschatz. Die Aufmachung ist großartig: schlicht, übersichtlich, informativ. Beim Durchblättern riecht man quasi den Thymian, die Oliven und die frittierten Sardellen. Zweiseitige Features beleuchten Region, Brauchtum und typische Lebensmittel. Alle Gerichte sind im regionalen Dialekt mit deutschen Untertiteln benamst, die Fotos zeigen appetitliches Essen, das tatsächlich genau so aussieht, wenn man es nachkocht. Die Zutatenlisten sind ausführlich aber übersichtlich und die Anleitung einfach und ohne nötigen Schnickschnack. Zu jedem Rezept gibt es eine Weinempfehlung.
Und das beste: Die Rezepte sind authentisch. So authentisch, dass unsere palermitanischen Freunde verzückt durch das Buch blätterten und bei jeder umgeschlagenen Seite gepeinigt aufschrien
“Das muss ich unbedingt mal wieder kochen!”
“Das gab’s bei Nonna immer!”
“Das hat meine Mutter beim letzten Besuch gemacht!”
“Ich buche morgen sofort den nächsten Heimatbesuch!”
Jedes Rezept hat das Zeug zum Lieblingsessen! Und man kann wunderbar in dem Büchlein schmökern: Ich hatte es lange neben meinem Bett liegen um darin zu blättern und die Features und Rezepte durchzulesen. Das ging jedoch nur, wenn ich vorher gut gegessen hatte … Sonst endeten meine Schmökerabende damit, dass ich ellenlange Einkaufslisten schrieb und sizilianische Menüpläne für die nächsten Wochen austüftelte.
Aufbau des Büchleins
Den italienischen Essgewohnheiten folgend sind die Rezepte eingeteilt in ANTIPASTI, PRIMI PIATTI, PIZZE E PANE, SECONDI PIATTI, VERDURE und DOLCI.
Die ANTIPASTI sind kleine Zwischenmahlzeiten, Begleiter zum Aperitivo oder Auftakthäppchen zu einem großen Festschmaus. In diesem Kapitel versammeln sich wohlschmeckende Gerichtchen wie “Caciu all’argintera/Würziger Käse aus der Pfanne“, “‘Nsalata die Portualla/Orangensalat” und die hochberühmten “Arancini/Frittierte Reiskugeln” sowie die süßsaure “Capunata/Caponata“.
Ausgewählte Seiten aus dem Sizilien-Kochbuch
Die PRIMI PIATTI, der erste Gang, läutet das Festessen ein und bereitet Gaumen und Magen auf einen arbeitsreichen Abend vor. Hier schmeckt der Kantinenklassiker “Pasta a la Norma/Pasta mit Ricotta und Auberginen” endlich mal nach was. “Pasta che Sardi/Pasta mit Sardinen” und “Tagghiarini che Caciuocculi/Tagliolini mit Artischocken” werden auch dem deutschesten Gaumen die Furcht vor Sardinen, Safran und Artischocken nehmen. “Maccu di Favi/Suppe aus dicken Bohnen” und “Risu a Siciliana/Sizilianischer Reis” sorgen für Abwechslung im klassischen Pasta-Kapitel.
PIZZA E PANE kommt ganz ohne rote Pizza-Soßen aus. Dafür locken die weißen Pizze mit ungewöhnlichem Belag, zum Beispiel Endiviensalat. Endivienpizza mit Salsiccia darf bei uns auf keinem Pizza-Abend fehlen (neben dieser gibt es hier weitere Belag-Inspirationen). Ansonsten wird der Teig gefüllt: “Mpanata di Agrigento/Gefüllte Fladenkuchen” und “Scaccia di ricotta/Teigtaschen mit Ricottafüllung” sind kulinarische Überaschungseier.
SECONDI PIATTI versammelt alles was schwimmt und trabt. Am meisten nachgekocht sind im Hause Pizzawürstel “Cunigghiu all’auruduci/Kaninchen süß-sauer“, “Calamari affucati/Geschmorte Kalmare” und “Tunnu Riganatu/Frischer Thunfisch mit Oregano”. Auf der to-do-Liste ganz oben stehen die Rezepte mit Ziegenfleisch und Sardellen!
Das Gemüsekapitel VERDURE fällt mit fünf Gerichten leider etwas schmal aus. Dafür kann man sich an den in Deutschland wenig bekannten artischockigen Kardonen versuchen.
Süßes hingegen gibt es reichlich! Im DOLCI-Kapitel werden Italiens bekannteste Süßspeisen vorgestellt. Doch neben Cannoli, Zabaione, Granita und Cassata gibt es auch weniger bekannte Süßspeisen, die man am liebsten alle zusammen nachkochen will (ja, warum eigentlich nicht?).
Fünf Büchlein, fünf Regionen
Ich erinnere mich noch genau, wo ich das Sizilien Kochbuch vor circa 10 Jahren gekauft habe: In Karlsruhe schlich ich als arme Studentin oft wochenlang um bestimmte Bücher herum ehe ich in das chronisch unterernährte Portemonnaie griff und Papier gegen Papier tauschte. Und gerade das Sizilien-Kochbuch hatte es mir angetan, war aber damals unverschämt teuer für so ein Heftchen (20 Mark!!!). Letztendlich siegte der Hunger nach Rezepten über den Geiz.
Und es hat sich gelohnt!
Groß war meine Freude, als ich Jahre später in einem Antiquariat auf vier weitere Bücher der Reihe gestoßen bin (für einen Spottpreis). Auf Sizilien folgten Rom, Venedig, Piemont und Toskana. Und alle Büchlein haben den Freunde-Test bestanden. Das Piemont-Kochbuch hat sogar den Nonna-Test bestanden: Es wurde nämlich nicht nur von Herrn Pizzawürstel, sondern auch von meiner Schwiegermutter abgesegnet.
Fünf Schlemmerheftchen
Bücherjagdt
Leider gibt es die Bücher nicht mehr im Handel. Wer die sizilianischen, piemontesischen, römischen, venezianischen und toskanischen Rezepteschätze bergen möchte, der muss die Bücher im Buchantiquariat bestellen. Oder geht selbst auf Gebrauchtbuchjagdt. Online klappt das am besten mit dem Suchbegriff: “Über 60 landestypische Rezepte”. Ein paar Exemplare tauchen immer auf dem amazon.de marketplace auf (die lächerlich schlechten Rezesionen bitte einfach ignorieren!) Auch booklooker.de und medimops.de sind gute Adressen für gebrauchte Exemplare.
In die Töpfe geguckt
Und wer nun eines oder zwei dieser wunderbaren Rezepte ausprobieren möchte, der guckt am besten immer mal wieder auf den Blog. Wir werden regelmäßig Rezepte aus den Büchlein nachkochen und hier vorstellen.
Den Anfang macht ein schönes winterliches Rezept:
CIPOLLE ALLA GROSSETANA / GEFÜLLTE ZWIEBELN ( aus dem Toskana-Kochbuch)
Und wer noch weitere Kochbuchlieblinge sucht, wird hier fündig: Claudio Del Principes kochbuchgewordene Erinnerungsreise “Ein Sommer wie damals”
Viel Spaß beim Schmökern und Schlemmen
Frau Pizzawürstel ♥
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