REZEPTE

Gnocchi – schwer auszusprechen, einfach zuzubereiten

5. November 2020

Die Italiener lachen sich schief ob unserer verdeutschten Aussprache des Nationalgerichts Gnocchi. Gnotschi? Knocki? Njotschi? Dabei ist es so einfach: wer die Kartoffelklößchen selbst zubereitet und währenddessen mantramäßig „njocki njocki njocki“ spricht, wird es nie mehr falschmachen. Versprochen. Hier das Rezept und fünf geniale Soßenideen.

Zu Studienzeiten habe ich drei Mal wöchentlich Gnocchi gegessen. Das war aber auch denkbar einfach, da in Jena neben der Mensa und vom Studentenwerk unterstützt damals das „Pasta Basta“ stand. Dort gab es täglich ein Nudelbuffet: Drei Nudelarten und drei Soßen in, nunja, neun Kombinationen. Und Gnocchi. Mit Käse- oder Tomatensoße. Manchmal waren die Gnocchi auch golfballgroß und mit Gewürzpaste gefüllt, die nach Mama Miracoli schmeckte. Aber ich habe das Zeug geliebt! Allerdings – und das weiß ich erst seit ich Herrn Pizzawürstel kenne – hatte das so gar nichts mit richtigen Gnocchi gemeinsam.

Heute esse ich nur alle paar Wochen Gnocchi – dafür aber echte hausgemachte Gnocchi mit unendlicher Soßenvielfalt. Gnocchi sind zwar sehr einfach zuzubereiten, aber das Teigformen braucht dann schon ein bisschen Zeit. Vor allem wenn man das Lieblingsgericht für die fünfköpfige Familie bereitet. Aber einmal im Monat muss es schon sein und insbesondere im Herbst und Winter sind die kleinen Kartoffelklößchen seelenwärmendes Comfort-Food.

Aber zunächst etwas Küchen-Historie. Wen die Evolution der Gnocchi und ein kleiner Exkurs über ein nationformendes Kochbuch nicht interessiert, der überspringe diesen Teil und scrollt direkt bis zum Rezept.

Gnocchi-Geschichte (ausufernd!)

Heute werden Gnocchi als typisch norditalienisch angesehen, tatsächlich findet man sie über den gesamten Stiefel verteilt. Bereits in der Renaissance gab es Gnocchi-ähnliche Gerichte in Italien. Allerdings ohne Kartoffeln im Teig! Diese Wunderknolle wurde nämlich 1532 von den Spaniern in Peru erstmals (nachweisbar) gesichtet und dann, nach einigen Zuchtversuchen in Gran Canaria und Tenerifa, erst um 1570/1580 langsam in Festlandeuropa eingeführt.

Vor Einführung der Kartoffel wurden „Gnocchi“ aus einem Mehl/Brotkrumen/Wasser-Teig gefertigt und durch die Löcher der Käsereibe gepresst. So steht es im 1570 erschienenen Kochbuch des Meisterkochs der Renaissance, Bartolomeo Scappi. Bald schon verwendeten Köche auch ein Ei und formten aus dem Teig kleine klebrige Klößchen. Dieses Gericht hieß und heißt auch heute noch  „malfatti“, auf Deutsch: „schlecht gemacht“. Hätten die Italiener den „schlecht gemachten“ Teig dann auch noch durch die Käsereibe gepresst, tja, dann hätten sie schon lange vor den Schwaben die Spätzle erfunden J

Pellegrino Artusi

Das erste Rezept, das die heutigen Kartoffel-Gnocchi beschreibt wurde 1891 von Pellegrino Artusi veröffentlicht. Pellegrino Artusi ist der große Held und Begründer der italienischen Küche. Ein zu Reichtum gekommener Seidenhändler und Gourmet aus Florenz. In seinem Junggesellenhaushalt beschäftigte er später zwei Köche, die ihn mit den auf seinen Geschäftsreisen in ganz Italien aufgeschnappten Gerichten bekochten. Ein Traum! Mit 71 Jahren erst schrieb Artusi sein Meisterwerk La scienza in cucina e l’arte di mangiar bene (Die Wissenschaft des Kochens und die Kunst des Genießens). Er führte die Italiener – die ja eigentlich ein Haufen verschiedener Stämme mit verschiedenen Dialekten waren und erst 1861 im Königreich Italien formal vereint und mit einer italienischen Einheitssprache bedacht wurden – über das Essen zusammen. In seinem Buch versammelte Artusi knapp 800 Rezepte aus ganz Italien, vereinheitlichte die Zutatenbeschreibungen und übersetzte die regionalen Dialekte in die Einheitssprache. Erst mit La scienze in cucina… akzeptierten die Italiener das Italienische, geopolitisch und sprachlich. Die Basis und der Ursprung des italienischen Nationalstolzes ist also tatsächlich: das italienische Essen.

Artusi versammelte nicht ausschließlich italienische Gerichte in seinem Werk, auch il Sauerkraut und il Gugelhupf werden erwähnt. Artusi war ein ausgesprochener Fan der „exquisiten“ deutschen Nachspeisen. Alles andere tat er aber mit folgendem schmerzlichen Kommentar ab:

Unsere Großeltern erzählten uns bereits, dass die Deutschen, als sie im 18. Jahrhundert in Italien einfielen, durch ihre noch barbarische Kochweise auffielen; es war grausam mit anzusehen, wie sie zum Beispiel eine Bouillon aus einer Talgkerze zubereiteten […] Als sie dann unglücklicherweise abermals in 1849 in Italien auftauchten, waren sie bereits deutlich zivilisierter und der Talg fand sich nur noch in den Schnauzbärten der kroatischen Milizen. Allerdings berichten uns Reisende, dass in der deutschen Küche immer noch eine Vorliebe für Talgiges herrscht. Dort findet man – für Italiener regelrecht ekelerregend – schmierige Fette jeglicher Herkunft und fade wässrige Suppen, die nach nichts schmecken.

Mit diesem Zitat im Sinn folgt nun das Gnocchi-Rezept und Ideen für fünf Soßen, bei denen Fett italienisch sparsam einzusetzen ist (also nur in Form von Öl und Käse 😉). Und wenn man mal zu viel von der Soße kochen sollte: am nächsten Tag lässt sie sich ganz formidabel mit Pasta genießen!

Gnocchi-Rezept eine Familienportion (4 Personen) Gnocchi:

  • 1 kg mehligkochende Kartoffeln
  • 200gr gr Mehl Typ 405
  • 1 Ei
  • zwei Prisen Salz

Die Kartoffeln mit Schale in Salzwasser kochen. Pellen und dann noch lauwarm zerstampfen oder durch die Spätzlepresse pressen. Mit dem Mehl, Salz und dem Ei zu einem Teig kneten. Der Teig muss nicht ruhen, sondern soll direkt weiterverarbeitet werden. Da er sehr weich ist, sollten Hände und Holzbrett immer bemehlt sein – sonst verklebt alles.

Aus dem Teig wird nun immer eine dicke Scheibe abtrennen und diese zu einer etwa daumendicken Teigwurst rollen. Dann mit dem Messer Gnocchi von etwa 1,5 cm Größe abtrennen. Wer sich verkünsteln will kann diese dann mit dem Daumen über eine Gabel rollen, so dass sie Zinkkerben aufweisen und die Soße besser aufnehmen. Wir sind dazu aber zu faul J. Die Gnocchi vorsichtig auf ein bemehltes Küchenhandtuch verteilen und so sammeln, bis man genug hat. Nicht zu dicht hinlegen, lieber zwei oder drei bemehlte Küchenhandtücher auf Backbleche verteilen und diese dann stapeln.

Die Gnocchi kommen dann von dem Handtuch direkt ins kochende, gesalzene Wasser. Wenn die Gnocchi oben schwimmen (das dauert nur zwei bis drei Minuten) mit der Siebkelle aus dem Wasser nehmen, leicht abtropfen lassen und in der Schüssel sammeln. Dann Soße dazu und servieren.

Immer frisch zubereiten! Diesen Teig kann man nicht einfrieren.

Gnocchi-Soßen für jede Jahreszeit

Frühling / Grünes Pesto Pesto lässt sich mit jeglichem Grünzeug machen (Bärlauch, Möhrengrün, Radieschengrün, Brennnesseln). Wir nehmen frisches Genoveser Basilikum. Die Blätter von einem ganzen Strauß Basilikum mit 80gr geriebenem Parmesan, eine Knoblauchzehe, 50gr Pinienkernen und einen großzügigen Schuss (6-7 EL) Olivenöl in eine Schüssel und mit dem Stabmixer zerkleinern. Es ist ratsam gleich das doppelte oder dreifache zuzubereiten, denn das Pesto lässt sich gut im Kühlschrank (immer Öl nachfüllen!) aufbewahren und mit Pasta oder Brot genießen.

Sommer / Bunte Ofentomaten Ein Kilo Tomaten jeglicher Größe und Farbe (es ist schöner, wenn auch ein paar kleine dabei sind) in eine kleine Auflaufform füllen, zwei angequetschte Knochblauchzehen und ein paar Thymianzweige dazugeben. Salzen. Einen Schuss Olivenöl darüber und für 15 Minuten in den 170 Grad heißen Ofen (Umluft). Auch hier kann man gleich ein Vielfaches zubereiten und das Zuviel in saubere Twist-Off Gläser füllen. Diese halten im Keller dann circa ein Jahr.

Herbst / Kürbis & Salsiccia Eine kleine Zwiebel würfeln und in Öl anbraten. Das Fleisch eines kleinen Kürbisses (zB Hokkaido mit Schale, oder Butternut) würfeln und zu der Zwiebel in die Pfanne geben. Mit ein wenig Wasser oder Weißwein dünsten bis das Kürbisfleisch fast zerfällt. 500gr Salsiccia-Stücke gesondert anbraten und dazugeben. Salzen und pfeffern. Mit den Gnocchi in der Pfanne zusammen mischen. Mit Pecorino schmeckt´s am besten!

Winter / Gorgonzola & Walnüsse 200 gr Gorgonzola zusammen mit 40 gr Milch in einer Pfanne mit niedriger Hitze schmelzen. Die gekochten Gnocchi kurz abtropfen lassen und in die Pfanne geben und immer noch mit kleiner Hitze ein paar Sekunden gut mischen, pfeffern. In den Teller geben und mit einem Löffel gehackte Walnüsse bestreuen. Mit einem roten, kräftigen Wein genießen!

Immer / Butter & Salbei Der Klassiker und die denkbar einfachste Gnocchi- und Pastasoße! Kann nicht schiefgehen! 150gr Butter in der Pfanne zerlassen, eine handvoll frische Salbeiblätter dazu und auf niedriger Stufe ein paar Minuten auf dem Herd lassen. Die Butter darf jedoch nicht braun werden. Salzen, pfeffern.  Fertig.  Und nicht vergessen die Gnocchi mit viel Parmesan zu servieren.


Guten Appetit

wünscht

Frau Pizzawürstel!

❤

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